2012 - Apokalypse - Folge 9 by Timothy Stahl

2012 - Apokalypse - Folge 9 by Timothy Stahl

Autor:Timothy Stahl
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Luebbe digital
veröffentlicht: 2011-11-24T05:00:00+00:00


Als Tom die Basilika verließ, fühlte er sich, als triebe er in der sanften Dünung eines Meeres, dessen Wasser ihn ewig tragen konnte. Er empfand einen so tiefen inneren Frieden, dass er in diesem Augenblick, auf der Treppe vor der Peterskirche und unter dem sternengesprenkelten Nachthimmel über Rom, schlicht und ergreifend nicht glauben konnte, was hinter ihm lag, in welcher Misere er immer noch steckte und was seiner noch harren mochte.

Hinter ihnen drang Orgelmusik machtvoll in die Nacht heraus, und auch sie schien die Menschen zu tragen. Es waren Tausende, und trotzdem fühlte Tom sich so allein wie selten zuvor, aber auf eine ebenfalls kaum gekannte angenehme Art.

»Das ist mein schönstes Weihnachten«, sagte Maria Luisa neben ihm. Ihre Stimme war nur ein Hauch, und er sah der schönen Spanierin an, dass sie das Gleiche verspürte wie er, nur sicher auf ihre individuelle Weise. So wie die meisten der Menschen um sie herum erfüllt sein mochten von ihrer ganz persönlichen Version dieser Weihnachtsstimmung, die von der Messe im Petersdom zwar ausgelöst worden sein mochte, die jedoch weit über alles Religiöse hinausging.

Von Herzen gern hätte Tom jetzt Maria Luisas Hand ergriffen, sie an sich gezogen, ihre weichen Lippen geküsst – aber er verkniff es sich. Damit hätten sie Aufsehen erregt: ein Mönch und eine Nonne eng umschlungen vor San Pietro.

»Komm, lass uns ins Kloster gehen.« Er stieß sie sanft an. Und hoffte, dass Jandro noch schlief.

Sie machten sich auf den Weg durch die vatikanischen Gärten. Kurz überlegte Tom, ob sie bei Don Phantasos anklopfen und ihm eine gute Nacht wünschen sollten. Er hatte sich gerade wegen der schon späten Stunde dagegen entschieden, da trat ihnen der hünenhafte Padre aus der Nacht entgegen, in Begleitung eines uniformierten Schweizergardisten und in der Hand eine bauchige, abgewetzte Tasche, die an die eines alten Landarztes erinnerte.

Tom kannte die Tasche und wusste, wohin der päpstliche Exorzist unterwegs war – zu einem Einsatz.

»Gibt der Teufel nicht einmal an Weihnachten Ruhe?«, versuchte Tom sich an einem müden Scherz.

Don Phantasos schüttelte den Kopf. »Es ist wieder da.«

Tom begriff nicht gleich, was der Padre meinte – aber etwas in ihm schien es schon zu wissen. Ein Schauder überlief den Archäologen, so heftig, dass er richtiggehend erzitterte.

»Alles in Ordnung?«, fragte ihn Maria Luisa mit sorgenvollem Blick.

Er nickte nur, ohne sie anzusehen. Sein Blick heftete auf Don Phantasos Augen, die im Schatten seiner vorspringenden Stirn lagen und hier, wo nur das Streulicht einer Laterne sie gerade noch erreichte, wie dunkle Schächte tief in seinen Schädel hineinzuführen schienen.

»Das … Ding in der Nekropole?«

Christofides nickte. »Es sieht so aus. Der junge Mann hier hat mich auf Befehl von Laurin Egger alarmiert.«

Laurin Egger … der Name sagte Tom etwas. Wenn er sich recht erinnerte, war das ein Gardist, der seinerzeit dabei gewesen war, als er …

Tom wischte den Gedanken und die Bilder und Gefühle, die er nach sich zog, beiseite. Aber sie blieben, einmal heraufbeschworen, wie Spinnweben an ihm kleben.

»Was ist passiert?«, fragte Tom mit rauer Stimme.

»Dallocchio«, sagte der Padre nur.

»Dallocchio?«, echote Tom.

»Der Dottore«, meldete sich nun der junge Gardist zu Wort, »scheint nicht mehr bei sich zu sein.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.